Stellungnahme zu den Vorgängen im Rathaus in Schwaikheim

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Fraktion in Schwaikheim nahm in einem Interview mit dem Zeitungsverlag Waiblingen Stellung zu den Vorkommnissen im Rathaus in Schwaikheim. So geht es Menschen die politischen Prozesse und Zusammenhänge und auch die Entscheidungen, die man im politischen Prozess trifft, transparent zu erklären, vielen Dank.

Im folgenden die Stellungnahme von Karl-Heinz Jaworski in einem Interview mit der Winnender Zeitung vom 19.02.2021: https://www.zvw.de/lokales/schwaikheim/der-fall-k%C3%B6lz-von-abwarten-bis-geht-gar-nicht-reichen-die-reaktionen-der-fraktionssprecher-im-g_arid-318926):

Der Fall Kölz: Von „Abwarten“ bis „Geht gar nicht“

Was die Fraktionssprecher des Gemeinderats zu dem Eklat im Rathaus sagen

Schwaikheim.

Der Eklat durch Gemeinderat Wolfgang Kölz im Rathaus, bei dem er gegenüber Kämmerer Andreas Rommel handgreiflich wurde, wirft Fragen auf. Nicht nur, wie die Sache juristisch weitergeht, nachdem die Gemeinde Strafanzeige gegen ihn gestellt hat, sondern auch, ob dieser Vorgang auch zu einem politischen „Fall“ wird.

Der Zufall wollte es, dass es in der Zwischenzeit eine Besprechung der Sprecher der drei Fraktionen im Gemeinderat gegeben hat. Zufall bedeutet, dass der Grund für die Besprechung beziehungsweise das eigentliche Thema nicht der Fall Kölz gewesen sei, versichert Karl-Heinz Jaworski von den Grünen. Diesen hat sich Kölz jüngst angeschlossen. Klar sei aber auch über den Vorfall gesprochen worden, so Jaworski. Aber man habe zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr darüber gewusst, als in der Zeitung gestanden habe. Man sei von der Verwaltung bislang nicht weiter darüber informiert worden, lediglich die Pressemitteilung der Gemeinde zu dem Vorfall sei ins (digitale) Ratsinformationssystem auf ihrer Homepage eingestellt worden.

Jaworski verweist darauf, dass sich die Frage, wie es mit Kölz nach dessen Ausscheiden aus der CDU-FB-Fraktion im Gemeinderat weitergehen soll, etwa ein halbes Jahr hingezogen habe. Es habe gemeinsame Gespräche mit der SPD gegeben, wie man ihn weiter in die Arbeit des Gremiums integrieren könne. Dort gebe es nun mal, anders als etwa im Kreistag, nur zwei Möglichkeiten: entweder fraktionslos bleiben oder in einer anderen Fraktion Mitglied werden. Zur Entscheidung, Kölz bei den Grünen aufzunehmen, verweist Jaworski sozusagen vorab darauf, dass es innerhalb der Fraktion sehr gut funktioniere, es sei klar gewesen, dass man das nicht aufs Spiel setzen wolle. „Wir haben ihm also sehr deutlich gesagt, wie wir uns die Zusammenarbeit vorstellen.“ Das habe Kölz akzeptiert, er trage seit der Aufnahme die Beschlüsse der Fraktion mit, verhalte sich sehr loyal: „Da gibt es überhaupt nichts zu beanstanden. Wir haben in der Fraktion bisher mit ihm ein vernünftiges Miteinander.“ Im Übrigen sei die Mitgliedschaft in der Fraktion nicht an die Mitgliedschaft in der Partei gebunden, in die sei Kölz bislang nicht eingetreten, so Jaworski weiter. Aber das gelte ja auch bei anderen Fraktionen. Der Beschluss zur Aufnahme von Kölz sei einstimmig gefallen: „Wenn wir da gespalten gewesen wären, hätten wir es nicht gemacht. Aber so stehen wir zu der Aufnahme.“

Dem Vorhalt, dass Kölz zumindest bislang in seiner politischen Arbeit und seinen politischen Überzeugungen nicht als eingefleischter Grüner aufgefallen sei, widerspricht Jaworski nicht: „Wir wissen, dass er nicht gerade als Grüner unterwegs ist. Und wir wissen auch, dass er leicht zu provozieren ist.“ Aber Kölz habe nun mal große Erfahrung und bringe enormes Fachwissen in die Fraktionsarbeit ein, verstehe viel von Wirtschaftsthemen. Die Fraktion profitiere auch deshalb davon, weil es dort eben auch Neulinge gebe, wobei Jaworski selbst einer ist. Kölz sei gut vernetzt im Ort, habe einen hohen Bekanntheitsgrad und verfüge über ein enormes Langzeitgedächtnis: „Der kennt alle Vorgänge in der Vergangenheit.“ Nicht zuletzt sei er mit seinen Ideen, Anregungen auch ein Gewinn für die jährliche Haushaltsrede der Fraktion.

Das Verhalten innerhalb der Fraktion, deren Binnenverhältnis, das von außen nicht einsehbar ist, ist das eine. Die regelmäßigen Attacken, unbeherrschte, auf neutrale Beobachter verstörend, abschreckend wirkende „Auftritte“ im Gemeinderat das andere. Sie sind zudem weder für die Arbeit, das Klima im Gremium förderlich noch wirken sie sich auf das Verhältnis zur Verwaltung positiv aus. Und sie vermitteln nicht gerade ein schmeichelhaftes Bild vom Gremium insgesamt, gehen deutlich darüber hinaus, was eine lebendige Demokratie an Streitkultur aushalten muss. Im Ort kursiert deshalb immer öfters die Frage „Was ist denn da los?“

Wie sieht Jaworski das? Also es sei ja ganz klar, dass Gewalt, auch verbale, kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein dürfe. Aber die Grünen scheuten sich nun mal nicht, auch heikle Themen anzugehen. Kölz wiederum, das sei bekannt, reagiere nun mal auf bestimmte Reize und in solchen Situationen falle es ihm schwer, sich zu kontrollieren: „Das haben wir aber auch schon vorher gewusst, bevor wir ihn in die Fraktion aufgenommen haben.“ Aber was ist mit den regelmäßigen Eskalationen in den Sitzungen? Jaworski sieht hier eine gewisse Mitschuld der Verwaltung. Diese habe Probleme bei der Umsetzung von bestimmten Beschlüssen des Gemeinderats. „Die einen werden von ihr gerne in den Vordergrund gestellt, die anderen einfach ignoriert oder auf die lange Bank geschoben. Das ist ärgerlich.“ Er werde das auch in der Haushaltsrede in der nächsten Sitzung erneut ansprechen.

Unzufriedenheit über Hinhaltetaktik sei nachvollziehbar

Gefragt nach Beispielen führt Jaworski an, dass schon vor langer Zeit, rund zehn Jahren, beschlossen wurde, dass die Kläranlage, mit der größte Stromverbraucher der Gemeinde, ein Blockheizkraftwerk bekommen soll. Dazu gebe es sogar ein Gutachten. Seither sei das aber Jahr um Jahr verschoben worden. Dass bei jemandem wie Kölz angesichts dieser Hinhalte- oder Verzögerungstaktik sich da eine gewisse Unzufriedenheit aufbaue, sei nachzuvollziehen.

Jaworski nennt noch ein Beispiel: das neue Verkehrsentwicklungskonzept. Vor fünf Jahren sei von der Gemeinde beauftragt worden, es zu erarbeiten. „Und was ist dabei bislang herausgekommen? Zwei mickrige Maßnahmen, die unechte Einbahnstraße in der Ludwigsburger Straße und Tempo 30 in den Ortsdurchfahrten. Dafür hätte es eine Sitzung gebraucht, um das zu beschließen.“

Oder das Thema zusätzliche Betreuungsplätze, so Jaworski weiter. Da werde der Neubau eines sechsgruppigen Kindergartens vorangetrieben, der Millionen kosten werde, aber die mit Abstand günstigste Variante, ein Naturkindergarten, verharre seit geraumer Zeit im Vagen.

Zurück zu dem Vorfall, hat Kölz unmittelbare Konsequenzen seitens der Fraktion zu befürchten? Jaworski schließt das vorerst aus, verweist auf noch laufende polizeiliche Ermittlungen. Niemand von der Fraktion sei bei dem Vorfall dabei gewesen. Zum Hergang gebe es offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen. Und schließlich sei Kölz nicht in seiner Funktion als Gemeinderat im Rathaus gewesen. „Aber natürlich werden wir das mit ihm noch besprechen.“

 Alles, was er gleich zu dem Vorfall sagen werde, seien „Selbstverständlichkeiten“, betont Tobias Schneider, Sprecher der CDU-FB-Fraktion, aus der Kölz im vergangenen Jahr ausgeschieden ist, eingangs. „Natürlich geht das nicht.“ Erst recht in einer Zeit, in der die Politik, die Politiker „überall unter Beschuss stehen“. Schneider verweist dazu auf die Häufung von Attacken auf diese in jüngerer Zeit. Der Gemeinderat, jeder einzelne Gemeinderat, habe Vorbildfunktion. „Gewalt ist kein Mittel politischer Auseinandersetzung.“ Dagegen verstoßen zu haben, disqualifiziere Kölz, weil er es ein Stück legitimiert habe, gegen dieses Verbot zu verstoßen. Dessen Verhalten „entspricht nicht unserem Verständnis einer vertrauenvollen Zusammenarbeit mit der Verwaltung“. Schneider fragt zurück: „Wo kämen wir denn hin, wenn das Schule machen würde, Signalcharakter hätte?“ So ein Verhalten sei inakzeptabel, selbst wenn Kölz, wie man ja wisse, meist mit der Verwaltung nicht einer Meinung sei. Soll oder muss Kölz als Gemeinderat ausscheiden? „Also wir würden das in unserer Fraktion nicht akzeptieren, das entspricht nicht den Anforderungen an so ein Amt, die, ich sage es noch einmal, eigentlich selbstverständlich sind. Das ist einfach keine Art und Weise, so miteinander umzugehen“, so Schneider. Aber Kölz sei nun mal nicht Mitglied seiner Fraktion, „das ist also nicht unser Problem“. Ob Kölz von sich aus zurücktreten solle, müsse dieser selbst für sich entscheiden.

Er sei ein tragischer Fall, mache sich selbst vieles kaputt

Allerdings sehe er es durchaus auch als Sache des Gemeinderats insgesamt, dieser müsse sich zu dem Fall stellen, so Schneider weiter. Von den Mitgliedern seiner Fraktion wisse er, dass diese alle erschüttert seien. „Nächste Woche findet ja bereits die nächste Sitzung statt. Aber wie soll das jetzt noch mit Kölz, gehen?“ Kölz selbst sei ja durchaus ein tragischer Fall. Eben weil er sich in vielen Punkten so engagiere. „Aber das gibt ihm nicht das Recht, sich derart durchsetzen zu wollen. Er macht sich damit doch selbst vieles kaputt.“

„Ich war ja nicht dabei.“ Es müsse also erst mal polizeilich und juristisch genau geklärt werden, was eigentlich vorgefallen sei, so SPD-Fraktionssprecher Alexander Bauer. Bisher seien die Fraktionen von der Gemeindeverwaltung nur über deren Pressemitteilung über den Vorfall informiert worden. Das sei bedauerlich. Wenn Gewalt wirklich eine Rolle gespielt haben sollte, so sei dies zu verurteilen. Gewalt dürfe niemals, unter keinen Umständen, Mittel der politischen Auseinandersetzung sein.

Klar sei, dass Kölz nicht in seiner Funktion als Gemeinderat im Rathaus gewesen sei, so Bauer weiter. Er rate, erst mal das Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten. Er vertraue da ganz auf den Rechtsstaat. Aus seiner beruflichen Erfahrung als Polizist wisse er, dass es bei solchen Vorkommnissen „immer verschiedene Perspektiven gibt“. Er rufe dazu auf, die Situation „sachlich-nüchtern“ zu betrachten. Natürlich sei die Außenwirkung bei so einem Vorfall schlecht, „aber noch mal: Kölz war nicht als Gemeinderat dort, sondern für die Jagdgenossenschaft, das muss man klar trennen.“ Natürlich bringe die Öffentlichkeit, auch durch die Berichterstattung, das aber miteinander in Verbindung und gebe es Leute, die da nicht unterscheiden. Bauer verweist dazu aber auf Gemeinderatswahlen, auch da seien schon Leute angetreten, die sich zuvor das eine oder andere hätten zuschulden kommen lassen.

Es sei aber auch drüber nachzudenken, wie man solchen Vorfällen vorbeugen kann. Auch die „andere Seite“ könne dazu beitragen, indem Provokationen unterblieben, so Bauer in Richtung Arbeit im Gemeinderat. „Aber das ist ein altes Thema. Kölz ist emotional und die Gegenseite weiß genau, wie man ihn reizen kann. Etwa, indem Anfragen von ihm nicht oder nur teilweise beantwortet werden. Damit kann der eine eben besser umgehen, der andere eben nicht.“  Der Gemeinderat habe ein starkes Kontrollrecht. Er sehe die Verwaltung beim „Konfliktmanagement“ in der Pflicht. Kölz zu einem „Sicherheitsrisiko“ zu stilisieren, sei weithergeholt. Er habe bei dessen Wortmeldungen in Sitzungen noch nie das Gefühl gehabt, dass Gefahr von ihm ausgehe. „Aus meiner langen Erfahrung heraus im Beruf kann ich das einschätzen.“ Was nicht passieren dürfe, sei, diesen einmaligen Vorgang dazu zu nutzen, den Gemeinderat in seinen Funktionen zu beschränken, warnt Bauer. Einem möglichen Versuch dazu sage er seinen entschiedenen Widerstand an.

Uwe Speiser, Zeitungsverlag Waiblingen, 19.02.2021

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.