Biotopverbundplanung Leutenbach

Am 22.05.2025, dem internationalen Tag der Artenvielfalt, lud unser Ortsverband zu einem kleinen Spaziergang in Leutenbach entlang des Buchenbachs ein. Dabei begleitete uns Miriam Pfäffle und Jochen Roos vom Büro roosplan, die für die vor wenigen Monaten abgeschlossene Biotopverbundplanung in Leutenbach zuständig waren.

Unser Vorsitzender Daniel Baier begrüßte die interessierten Gäste und unsere beiden Gemeinderäte für Leutenbach Iris Lanwer und Marcus Lenz auf unserem kleinen Spaziergang und erläuterte die rechtliche Vorgeschichte zur Biotopverbundplanung. Unter dem Grünen Landwirtschaftminister Alexander Bonde wurde das Konzept in Baden-Württemberg im April 2012 erstmalig vorgestellt. Mit dem Volksbegehren Artenschutz – „Rettet die Bienen“ wurde die Biotopverbundplanung dann 2020 im Zuge des Biodiversitätsstärkungsgesetzes ins Naturschutzgesetz Baden-Württemberg aufgenommen. Dabei bedeutet dies einen Paradigmenwechsel im Naturschutz. Während in der Vergangenheit einzelne Flächen mit einem hohen ökologischen Wert geschützt wurden, wurde über den Biotopverbund die Vernetzungsfunktion von Naturräumen in den Vordergrund gestellt. Die schon bestehenden Schutzgebiete wie Naturschutzgebiete, Naturdenkmale und Biotope sind dabei wichtige Vernetzungsanker für die Weiterentwicklung des Naturraums. Seit 2020 ist die Erstellung eines Biotopverbundplans oder alternativ eine Anpassung der Landschafts- oder Grünordnungspläne zur Berücksichtigung der Belange des Biotopverbunds bis 2024 verpflichtend. Damit soll das Ziel bis 2030 den Biotopverbund auf 15% des Offenlands auszuweiten erreicht werden.

Ganz besonders haben wir uns darüber gefreut, dass im Gemeinderat in Winnenden zwei Tage vor unserem Spaziergang ebenfalls die Erstellung eines Biotopverbundplans einstimmig beschlossen wurde.

Was ist denn überhaupt eine Biotopverbundplanung?

Gruppe auf den Wiesen am Buchenbach

Miriam Pfäffle vom Büro roosplan erstellte den vor wenigen Monaten fertiggestellten Biotopverbundplan für die Gemeinde Leutenbach. Zum Start gab sie uns einige Einblicke in den Entstehungsprozess.

Gemäß unseres Grünen Mottos für Baden-Württemberg, der Politik des Gehörtwerdens, ist die Bürgerbeteiligung dabei ein wichtiges Instrument. Hierbei wird versucht die Interessen des Naturschutzes, der Landwirtschaft, der Bürgerinnen und Bürger und natürlich die Interessen der Gemeinde aufzunehmen und sie in die Planung zu integrieren. Bei so vielen unterschiedlichen Interessen und Beteiligten braucht es dafür Kompromisse. Ein wichtiger Punkt bei der Erstellung der Pläne ist daher die Kommunikation. In Leutenbach war neben der Landwirtschaft der runde Tisch Artenschutz wichtige Ansprechpartner im Prozess.

Wichtigster Inhalt der Planungen ist aber die Analyse des IST-Zustandes um darauf aufbauend die Maßnahmenpläne zu entwickeln. Miriam Pfäffle erläuterte dabei, dass sich im Offenland drei Lebensraumtypen unterscheiden.

  • Feuchte Standorte
    Nährstoffreiches Feucht- oder Nassgrünland, Moore, Verlandungszonen an Gewässern
  • Trockene Standorte
    Magerrasen, Trockenwälder, Sandbiotope, etc.
  • Mittlere Standorte
    Streuobstgebiete, Magere Flachland- oder Berg-Mähwiesen, etc.

Etwas später wurden auch die Gewässer durch den Biotopverbund Gewässerlandschaften einbezogen.

Dass bei der Erstellung von Biotopverbundplanungen viele unterschiedliche Planungen berücksichtigt werden müssen, stellte neben Miriam Pfäffle auch Jochen Roos, Geschäftsführer des Planungsbüros roosplan, klar.

So sind während den Planungen ein Vielzahl an übergeordneten Planungen einzubeziehen. Neben dem oben erwähnten Biotopverbund für die Gewässerlandschaften sind dies beispielsweise der Generalwildwegeplan und der Biotopverbund Offenland. Der landesweite Biotopverbundplan ist dabei die wichtigste Grundlage, kommunale Biotopverbundplanungen wie in Leutenbach konkretisieren diesen auf Ortsebene.

Vernetzungsstrukturen

Kernflächen und Kernräume bilden die Grundlage des landesweiten Biotopverbunds, indem sie wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen bereitstellen und ihre Ausbreitung ermöglichen. Suchräume dienen als verbindende Elemente zwischen diesen Kernflächen und Kernräumen, indem sie mit geeigneten Strukturen wie Blühstreifen den Austausch zwischen weiter entfernten Lebensräumen verbessern. Die Raumkulisse Feldvögel ergänzt den Fachplan Offenland, um dem dramatischen Rückgang von Feldvogelbeständen entgegenzuwirken und ihre Population langfristig zu sichern.

Verringerung der Durchgängigkeit zwischen 1930 und 2008 (Quelle: Fachplan Landesweiter Biotopverbund BW)

Die Durchgängigkeit der Landschaft für die Natur hat sich in den letzten 100 Jahren stark verringert. Die Hauptursachen sind die Entwicklung des Siedlungsraums, das Entstehen von Barrieren wie Straßen und die Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch natürliche Sukzession und Aufforstungen bedrohen die Lebensraumtypen des Offenlandes. Das Ziel der landesweiten Biotopverbundplanung ist die Sicherung und Ausweitung der Korridore für die Natur.

Offenland, Trittsteine

Miriam Pfäffle erklärte uns, dass dabei auch kleinere Flächen eine wichtige Rolle spielen. Viele Arten im Offenland sind nicht sehr mobil und können oft nur kurze Entfernungen zwischen geeigneten Standorten überwinden. Damit der Austausch und die Wanderung möglich ist, werden sogenannte Trittsteine geschaffen oder gesichert. Trittsteine sind kleinere, vernetzte Lebensräume wie Blühstreifen oder Feldsäume, die es Tieren und Pflanzen ermöglichen, sich zwischen weiter entfernten Kernflächen und Kernräumen zu bewegen. Sie verbessern die ökologische Durchgängigkeit der Landschaft und fördern die Vernetzung von Populationen, indem sie als Zwischenstationen dienen.

Flurneuordnungsvefahren am Buchenbach

Eine der entscheidenden Ursachen für die Abnahme strukturreicher Landschaften waren die Flurbereinigungsverfahren ab den 50er-Jahren. Diese Verfahren so umzugestalten, dass ökologische Maßnahmen ebenso wie die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion behandelt werden, fand daher auch bei uns in Baden-Württemberg Erwähnung im letzten Koalitionsvertrag.

In den Flurneuordnungsverfahren wird die Steigerung der Biodiversität und Schaffung vielfältiger Strukturen ein mindestens gleichberechtigtes Ziel.

JETZT FÜR MORGEN (https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/210506_Koalitionsvertrag_2021-2026.pdf)

Uns als Bündnis 90 / Die Grünen ist der Erhalt dieser Korridore und die Verhinderung der weiteren Zerschneidung wertvoller Lebensräume ein besonderes Anliegen wie Daniel Baier anhand einer Flurneuordnungsmaßnahme am Buchenbach, die wir ablehnen, herausstellt. Im Zuge dieses Verfahrens ist geplant, eine landwirtschaftliche Brücke über den Buchenbach zu bauen.

Diese wird den letzten, unverbauten Abschnitt des Buchenbachs im Ortsgebiet der Gemeinde Leutenbach zerschneiden und schafft so eine weitere Barriere für die Natur.

Die hohen Kosten für den Brückenbau ohne eine Kosten-Nutzen-Analyse taten ihr Übriges, daher wehren sich unsere beiden Gemeinderäte in Leutenbach Iris Lanwer und Marcus Lenz auch gegen die Pläne.

Die endgültige Enscheidung zum Brückenbau wird in den nächsten Monaten fallen.

Konkrete Maßnahmen

Nicht mehr benötigtes Wehr am Buchenbach

Anhand zweier Beispiele lernen wir, was für konkrete Auswirkungen der Fachplan hat. In Leutenbach wurde bereits während der Erstellung eine Maßnahme umgesetzt und viele weitere stehen an. Der Teich an der Höllbachaue wurde in diesem Jahr entschlammt. Im nächsten Jahr wird das Wehr an der Rems-Murr-Halle zurückgebaut und somit die Durchgängigkeit des Buchenbaches verbessert. Weitere konkrete Maßnahmen werden in den folgenden Jahren sukzessive durchgeführt und der Plan immer wieder angepasst. Dass dies keine starre Struktur ist, sondern gemeinsam mit den Entwicklungszielen der jeweiligen Gemeinde weiterentwickelt wird, ist ein wichtiger Teil der Planung. Konkret beschlossen hat der Gemeinderat in Leutenbach im März bereits diese Maßnahmen: Erhalt und Aufwertung von Streuobst am Heidenhof, Biotoptrittsteine an den Wasserhochbehältern „Birklen“, Biotoptrittsteine aus Wildpflanzen zur Biogaserzeugung, Schafbeweidung von Streuobstbeständen, Aufwertung der „Hummelwiese“ am Buchenbach, Artenschutzmaßnahme Wechselkröte Steinbruch Weiler zum Stein, die Herstellung von Trittsteinen und Verbundstrukturen für die Wechselkröte und die Aufwertung Lebensraum Feldvögel.

Die erarbeitenen Maßnahmenvorschläge werden in den nächsten Monaten dann auch veröffentlicht und alle Bürgerinnen und Bürger können sich einen Eindruck verschaffen wie man der Natur bei uns vor Ort helfen möchte. Wer selbst über Flächen verfügt und mit diesen den Biotopverbund stützen möchte, kann sich gerne an die Gemeinde wenden.

Wir danken dem Gemeinderat und der Verwaltung für Ihren Einsatz.

Wie viel kostet denn so etwas?

Zum Abschluss unseres Spaziergangs ging es am Ende dann doch nochmal um das Thema Finanzen.

Das Land Baden-Württemberg fördert die Erstellung des Biotopverbundplanes auf kommunaler Ebene zu 90%, die Kosten für die Erstellung liegen je nach Größe und Komplexität meist zwischen 50.000 und 250.000 Euro, der Eigenanteil für die Gemeinden beträgt also oft nur wenige Tausend Euro. Zudem berechtigt das Vorhandensein dieser Planung höhere Fördersätze oder ist bei manchen Förderungen Grundbedingung. Sie erleichtert auch die Umsetzung von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen, da man bei der Generierung von Ökopunkten nicht mehr selbst nach Maßnahmen suchen muss, sondern sich an den Maßnahmen im Biotopverbund orientieren kann.

Ein konkretes Beispiel sind die LPR-Mittel (das sind Mittel aus der Landschaftspflegerichtlinie mit denen wertvolle Naturräume erhalten werden). Unter Grüner Führung ist das Budget dafür von unter einer Million auf knapp 12 Millionen / Jahr gesteigert worden, die Biotopverbundplanung ermöglicht hierbei eine Förderung von 70% statt nur von 50%.

Unter großem Applaus verabschiedeten wir uns an unserem Ausgangspunkt von Miriam Pfäffle vom Büro roosplan, die uns einen schönen Einblick in ihre wichtige Arbeit gewährte.

Weitere Informationen:

Büro roosplan: https://roosplan.de/

Biotopverbund im Naturschutzgesetz BW: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/jlr-NatSchGBW2015V2P22

Bericht aus dem Gemeinderat: https://www.leutenbach.de/rathaus/kommunalpolitik/aus-dem-gemeinderat?c7-item=14969688

Umweltministerium BW zum Biotopverbund: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/biologische-vielfalt-und-mensch/biotopverbund

Fotos Franzi Krämer Fotografie: https://franzi-kraemer.de/

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