Böden besser schützen – weniger Flächen verbrauchen

Ressource Boden – wovon wir leben!

Am 28.03.2022 lud unser Ortsverband zu einer Veranstaltung zum Bodenschutz ein. Über 20 Teilnehmende zeigten, welch großes Interesse für dieses Thema in Schwaikheim besteht. Gemeinsam mit Petra Rommel, Agraringenieurin mit einem ökologischen Obstbaubetrieb in Schwaikheim, begrüßte Ingrid Boegler aus unserem Vorstand Prof. Dr. Willfried Nobel in seiner Funktion als Referent des Landesnaturschutzverbands. Herr Nobel ist Agrarbiologe, war unter anderem Professor für Ökologie und Siedlungsökologie an der HfWU Nürtingen-Geislingen. Ein Thema, das er nach seiner Emeritierung zu seinem Kernthema gemacht hat, gehört der Vortrag an diesem Abend: Dem Bodenschutz.

Sein Vortrag gliederte sich in 6 Kernbereiche. Der erste war eine Einführung in die Bedeutung von Böden und deren zahlreiche Aufgaben für Mensch, Natur und Umwelt. In einer 20 cm tiefen Fläche eines einzelnen Quadratmeters kommen zum Beispiel ca. 10 Millionen Fadenwürmer vor. Nur sehe man sie nicht, wodurch eine öffentliche Wahrnehmung fehle. So genieße der Boden nur eine untergeordnete Bedeutung gegenüber dem Naturschutz.

Die größte Bedrohung für den Boden ist der weiter ungebremste Flächenverbrauch, dem zweiten Bereich des Vortrags. Von 2015 – 2020 gab es einen Zuwachs um 11,4 % der Siedlungs- und Verkehrsfläche, ca. 10000 Hektar, gleichzeitig haben wir 3,9% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche, nämlich 11000 Hektar, in Baden-Württemberg verloren. Im Rems-Murr-Kreis beträgt der Verlust ca. 300 Hektar und der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche ebenfalls ca. 300 Hektar. Eine nachhaltigere Landnutzung sei unabdinglich.

Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit im Kontext der Bodennutzung? Diese Frage erklärt Herr Nobel eindrücklich anhand der anerkannten Modelle. Nachhaltigkeit vereint Ökologie, Soziales und Ökonomie. Man spricht vom Drei-Dimensionen-Modell der Nachhaltigkeit. Da diese Ziele aber nicht neben einander stehen, sondern untereinander vernetzt sind, passt das Modell nicht, sondern das Integrative Modell der Nachhaltigkeit ist besser geeignet. Natur und Umwelt umfassen die Teilmenge Gesellschaft und diese wiederum den Bereich der Ökonomie. Ein Modell, das die Wechselwirkungen besser beschreibt. Die UN-Nachhaltigkeitsziele, die erst vor wenigen Jahren veröffentlicht wurden, definieren 17 Ziele und 169 Unterziele, die wiederum neben einander stehen. Hier äußert Herr Nobel eine klare Kritik an der Bedeutung der Ziele. Sie seien nicht gleichwertig, sondern voneinander abhängig. Biosphäre und Umwelt seien dabei das Fundament aller anderen.

Der vierte Bereich ist auch gleichzeitig ein Appell. Orientierung solle nicht an ökonomischen oder gesellschaftlichen Grenzen, sondern an der natürlichen Ausstattung unseres Landes erfolgen. Böden haben zwei grundsätzliche Einstufungen in der Flurbilanz der Landwirtschaftsverwaltung. 1 für sehr gute Böden, 2 für weniger gute Böden. Fast alle Ackerflächen rund um Schwaikheim gehören dabei zur 1. Kategorie, der Bodenwert liege hier bei durchschnittlich 75, merkt ein Teilnehmer an. Es gibt aber keine gesetzliche Schutzkategorie. Flächen- und Bodenschutz hat in der Regionalplanung eine untergeordnete Bedeutung. Landwirtschaftliche Flächen seien nur in der Kategorie Vorbehaltsgebiet aufgeführt und fallen somit sehr häufig der Neuausweisung von Gewerbegebieten, Wohngebieten oder auch dem Straßenbau zum Opfer. Es gibt eben keine Schutzkategorie für besonders wertvolle landschaftliche Böden wie sie in unserer Region sehr häufig sind

Sein Fazit schließt Herr Nobel daher auch mit dem Appell „Beste Böden bewahren – Bodenschutzgebiete ausweisen.“

Der Vortrag ist noch nicht zu Ende, es folgt im letzten Abschnitt die Klärung einer Frage, die auch viele unserer Teilnehmenden, unter ihnen viele aus unserer Gemeinderatsfraktion in Schwaikheim, bewegt. „Was ist zu tun?“

Die Agenda von Prof. Dr. Nobel spricht sich für eine Regelung zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen aus, möchte die Flurbilanz zu einem verbindlichen Instrument weiterentwickeln, Flächen der Stufe 1 als Bodenschutzgebiete ausweisen und eine Novellierung der Ökopunkte-Verordnung für die Stärkung des Bodenschutzes. Aber auch Kommunalpolitiker*innen bittet er darum beste Agrarböden nicht umzuwidmen.

Im Anschluss an den Vortrag wurden noch viele Fragen gestellt. Naturschutz habe immer eine höhere Bedeutung, weswegen die Ausweisung von Flächen in Streuobstwiesen schwerer sei als auf Ackerböden. Wie man anders damit umgehen könne, war eine Frage, die Herr Nobel sichtlich gerne beantwortete. Man brauche in bestehenden Bebauungsgebieten höhere Dichten und auch über Parkräume müsse man nachdenken und erst zuletzt die Entwicklung im Außenbereich in Betracht ziehen. Kommunalpolitiker*innen hätten es in der Hand. Auch die Nutzung der Grundsteuer C und die Bauverpflichtung hält er für wirksam. Zudem sei der BUND mit Sensibilisierungskampagnen für den Bodenschutz gefragt.

Von Petra Rommel und unserem OV gab es zum Dank einen Geschenkkorb heimischer Produkte. Ein spannender Abend, der gezeigt hat, dass gerade in Zeiten einer schwierigen Weltlage die Bedeutung der Böden für Mensch, Natur und Umwelt immens ist. Böden ernähren uns.

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