Biodiversität im eigenen Garten

Internationaler Tag der Artenvielfalt in Schwaikheim mit Marina Moser und Dr. Jürgen Rommel

„Was können wir vor Ort gegen das Artensterben tun?“ Zu diesem Thema hat der Grüne Ortsverband am 22.05., dem internationalen Tag der Artenvielfalt, in die Begegnungsstätte in Schwaikheim eingeladen. Als Referenten sprachen an diesem Abend die Insektenforscherin und Doktorandin am Naturkundemuseum Stuttgart Marina Moser und Dr. Jürgen Rommel, Bio-Obstbauer aus Schwaikheim.

Im ersten Teil des Vortrags stellte Marina Moser von der „Bunten Wiese Stuttgart“ den aktuellen Stand der Forschungen zum Artensterben weltweit, aber insbesondere für Deutschland vor. Die „Bunte Wiese Stuttgart“ ist eine studentische Initiative, die sich das Ziel gesetzt hat, die Diversität heimischer Insekten zu erhalten.

In den vergangenen 30 Jahren sind mehr als 75% der Insekten in Deutschland verschwunden. Die Hauptgründe hierfür sind intensive Landwirtschaft, Pestizideinsatz und fehlende Strukturvielfalt in der einst artenreichen Kulturlandschaft. Biodiversität bedeutet, dass es viele unterschiedliche Arten gibt. Während die Honigbiene als Generalist viele unterschiedliche Pflanzen bestäubt, sind viele Wildbienenarten auf wenige Pflanzen spezialisiert. Durch heimische Saatmischungen, die auf eine möglichst hohe Artenvielfalt abgestimmt sind, kann man mithelfen diese Vielfalt zu erhalten. Oft reicht aber auch schon angepasstes Mähen aus, um den Insekten das (Über-)Leben im Garten zu erleichtern. Konkret empfiehlt Marina Moser, wenigstens auf Teilflächen nur zweimal im Jahr zu mähen und das Mähgut abzuräumen – und zum Beispiel als Hasenheu zu verschenken.

Das Ökosystem ist komplex und lebt von den Wechselwirkungen zwischen den Arten. Marina Moser erläutert diese Zusammenhänge und wirbt auch für Arten, die in der Öffentlichkeit keinen guten Ruf genießen. In Deutschland leben knapp 600 Wildbienenarten und fast 9000 verschiedene Wespenarten, von denen die meisten für das menschliche Auge nur als kleiner schwarzer Punkt erkennbar sind. Als natürliche Feinde anderer Insektenarten sind sie ein wichtiger Bestandteil für das Gleichgewicht des Ökosystems.

Hier setzt auch der zweite Teil des Vortrags durch Dr. Jürgen Rommel an. Als Bio-Obstbauer kann er das Obst oft nur mit sehr hohem Aufwand vor Schädlingen schützen. Daher hat er sich auch entschieden als einer von 20 Betrieben in Deutschland am Bundesprogramm „leben.natur.vielfalt“ teilzunehmen und neue Wege bei der Bewirtschaftung zu gehen. Ziel des Programms ist es, die Artenvielfalt im Obstbau zu steigern und das Bewusstsein für dieses Agrarökosystem zu fördern. Es dient auch der Erforschung der Ökosystemleistungen, die bei einer hohen Artenvielfalt erbracht werden.

Anschaulich erläutert Dr. Rommel wie ihm z.B. Schlupfwespen im Bio-Anbau helfen Schädlingsbefall ohne den Einsatz von Pestiziden in den Griff zu bekommen. Er berichtet aber auch, dass die Pflege von Blühstreifen einige technische Herausforderungen im Erwerbs-Obstbau hat und es oft Geduld und Mühe kostet in Mittelstreifen der Obstanlagen ein gutes Nahrungsangebot für Insekten bereitzustellen. Einfacher ist die Anlage größerer Streifen mit Hochstaudengewächsen, die weniger pflegeintensiv sind.

Wie wichtig das Thema auch für die Bevölkerung ist, zeigte das große Interesse von mehr als 40 Teilnehmenden. Viele Fragen in der anschließenden Diskussionsrunde drehten sich um die heimischen Gärten. „Einfach mal 10 % der Wiese stehen lassen beim Mähen, da können sich die Insekten zurückziehen“ gibt Marina Moser als Tipp. „Buchweizen säen, dann wird der Boden durchwurzelt und im nächsten Jahr neu aussäen“ rät Dr. Jürgen Rommel, wenn auf harten, lehmigen Böden einfach keine Blühmischung austreiben möchte.

Um den Rückgang der Artenvielfalt aufzuhalten, müssen Wissenschaft, Landwirtschaft und wir alle an einem Strang ziehen. Der Abend in der Begegnungsstätte hat gezeigt, dass es möglich ist, wenn man einander zuhört.

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